Das Ostwald, vertreten in unzähligen Wettbewerben in Mathematik, Physik, Chemie, Informatik und Biologie, hat nun noch einen Weg entdeckt, sich auszutesten. Bei einem Wettbewerb, der seit Jahrtausenden darauf hinarbeitete, dass nun endlich fünf Schüler vom Ostwaldgymnasium versuchen, ihn zu bestehen. Es ist klar, von welchem die Rede ist: Dem einzigartigen, traditionsreichen, ehrenvollen, weltbekannten Naboj-Wettbewerb. Falls ihr davon noch nie gehört habt: Wir auch nicht.

Als ich ohne Böses zu ahnen und schon sehr müde am Freitag im 4. Block zu Mathe LZ Klasse 9 ging (Ganz ehrlich, LZ am Freitag im 4. Block… wäre das nicht anders gegangen?), kam Herr Wolf über das gesamte Gesicht strahlend und enthusiastisch wie nie zuvor ins Klassenzimmer, erwähnte kurz den Naboj-Wettbewerb und teilte mich gemeinsam mit vier Jungen aus den Parallelklassen dafür ein. Ich merkte mir damals nur, dass er irgendwo in Bayern stattfinden und wir in Fünfergruppen antreten würden. Wir übten im LZ ein bisschen mit den Aufgaben aus den letzten Jahren, der Mannschaftswettbewerb Mathematik fand statt (Herzlichen Glückwunsch noch einmal an das Team!), die Wochen vergingen und ich dachte nicht mehr daran.

Bis Frau Krüger und Herr Wolf wild diskutierend auf mich zukamen. Der Wettbewerb, bei dem ich ja dabei wäre, fände nächste Woche am Freitag statt. Ich solle doch bitte den Zettel ausfüllen und dann am Freitag pünktlich zum Treffpunkt kommen, es würde alles auf dem Zettel stehen.

Ja, dieser Zettel war ganz normal, ein klassischer DIN A 5 Zettel aus Ökopapier, das Logo der Schule oben in der linken Ecke und der klassische Schlusssatz: „Hiermit bestätige*n ich/wir, dass ich/wir von der Teilname meines/unseres Kindes ……………………… am Naboj-Wettbewerb in Passau am  23.03.18 in Kenntnis gesetzt wurde*n.“ Einziger Unterschied: Es stand dort eine für jeden Schüler unmenschliche Uhrzeit und ungewöhnlicher Treffpunkt: „Abfahrt: 4:50 Uhr am Wiedebachplatz“

Hin…

Also fuhr ich um 4:20 Uhr, noch in der Dunkelheit der Nacht, mit dem Bus zum Wiedebachplatz los. Der Treffpunkt war übrigens zufällig in der direkten Nähe der Wohnung von Herrn Wolf - wer hätte es gedacht.

In der Bahn traf ich neben Jugendlichen, die die Nacht durchgefeiert hatten und auf dem Weg ins Bett waren, auch schon zwei der Jungs, die auch mit im Team waren: Niklas Jakob Jan und Phliemon Enzing. Niklas und ich begannen sofort fröhlich zu quatschen, über die frühe Uhrzeit, über die Buchmesse, die gerade stattgefunden hatte und über alles mögliche andere. Als wir zu dritt ausstiegen, kamen Frau Krüger und Herr Wolf auf uns zu, beide mit einer großen Tasse Kaffee in der Hand. Die Worte, mit denen wir begrüßt wurden, sagten alles: „Wieso seid ihr schon so wach?“, war das erste und für die nächsten drei Stunden auch das einzige, was Herr Wolf von sich gab.

Als dann irgendwo aus der noch immer dunklen Straße die letzten zwei Mitglieder unseres Teams auftauchten, Tobias Struck und Felix Wilde, quetschten wir uns zu siebt in das große Auto von Herrn Wolf mit 2 ausklappbaren Sitzen im Kofferraum und dann ging es auch schon pünktlich um 5 Uhr morgens los in RIchtung Süden.

Auf der Autofahrt passierte nicht sehr viel. Es war eine Mischung aus Müdigkeit und Aufregung, die dazu führte, dass wir zu fünft ein Wortspiel spielten, wobei es bestimmt erst einmal eine Stunde dauerte, bis alle verstanden hatten, wie es funktionerte (Zugegeben: Ich war die einzige, die es nicht kapiert hatte!).

Am Tag davor hatte ich ein bisschen herumgegoogelt und ein paar Sachen herausgefunden:

1.     Der Naboj-Wettbewerb ist international und findet in vielen Städten statt, unter anderem in Budapest, Edinburgh, Krakau und Linz.

2.     Man tritt in Fünfer-Teams an. Unterteilt wird in Junioren (Klasse 5-10) und Senioren (Klasse 11-12).

3.     Die Fahrt von Leipzig nach Passau dauert 4,5 bis 5 Stunden.

Eingefahren in Passau, stellte Herr Wolf, der nach seiner eigenen Aussage nur als Chauffeur mitkam, während Frau Krüger die „fachliche Begleitung“ war, das Auto in der Tiefgarage direkt unter der Universität Passau ab. Wir alle hatten etwas steife Beine durch das lange Sitzen, ganz abgesehen davon, dass wir immer noch etwas müde waren.

Der Wettbewerb…

Im Foyer standen schon unzählige Schülergruppen und Lehrer, die aufgeregt hin und her liefen und versuchten, irgendwie einen Überblick zu bekommen, wo jetzt wer war. Wir, das Team vom Ostwaldgymnasium in Leipzig, übrigens einer der sehr wenigen Teams aus Deutschland, das nicht aus Bayern kam, waren schnell angemeldet und suchten uns nun in dem großen Raum einen Platz zum Sitzen. Es war ungefähr 10 Uhr. Wir saßen um einen Tisch und aßen Brote und Kekse, die natürlich brüderlich (und schwesterlich) geteilt wurden. Herr Wolf hatte eine 1-Kilo-Tüte Gummibärchen dabei und sorgte für die nötige Zuckerversorgung.

Ungefähr eine halbe Stunde später öffneten sich dann die großen Holztüren zu einem der Hörsäle und alle strömten hinein. In jeder Bank saß ein Team zu je fünf Teilnehmern, für jeden gab es Getränke und kleine Snacks wie Schokoriegel und Äpfel. Außerdem gab es pro Team einen auf dem Tisch festgeklebten Briefumschlag.

Als alle Schüler saßen und die Lehrer hinten im Raum endlich auch aufgehört hatten, zu reden, begann der Organisator des Wettbewerbs innerhalb von Deutschland mit der Begrüßung. Er erzählte kurz in einem sehr ausgeprägten bayrischen Dialekt, wo überall der Naboj-Wettbewerb stattfand und dass die Organisation mit den anderen Ländern großen Spaß gemacht hatte und bedankte sich für die Hilfe bei den Studenten. Den Rest haben wir nicht verstanden … außerdem: Seder kennt solche Reden, ich denke ich muss nicht länger darauf eingehen.

Das Spiel beginnt…

Jedes Team bekam zu Beginn sechs Aufgaben, meist klassische Textaufgaben, die als Ergebnis nur eine Zahl oder ein bis zwei Zahlenpaare hatten. Das Ergebnis schrieb man auf den Aufgabenzettel und brachte diesen vor zu den Studenten, die das Ergebnis überprüften. War es richtig, bekam man eine neue Aufgabe, war es falsch, musste man wieder hoch und die richtige Lösung finden. Ab dem dritten falschen Versuch musste man den Rechenweg zeigen, damit keiner immer nur rät. Ziel war es, in 2 Stunden so viele Aufgaben wie möglich zu lösen. Pro Aufgabe gab es dann einen Punkt. Das Team mit den meisten Punkten gewann.

Übrigens war schon ein gewisses Grundkönnen bei dieser Organisation vorausgesetzt. Es gab vier Prüfer mit folgendem System: Es gab die Tische 0, 1, 2, und 3. Jede Nummer einer Aufgabe wurde durch vier geteilt. Der Rest, der entsteht, ist die Nummer des Tisches, der die Aufgabe überprüft. Zum Beispiel die Aufgabe Nummer 11: 11 / 4 = 2 Rest 3. Also musste man die 11. Aufgabe an Tisch 3 bringen. Ab Aufgabe 25 war das dann schon verwirrend, wenn man nach anderthalb Stunden mit tausenden von Zahlen im Kopf vor diesen vier Tischen stand und dann noch überlegen musste, welcher denn nun der richtige ist.

Zu dem Wettbewerb an sich lässt sich nicht viel sagen, außer dass wir alle sehr sehr oft hinunter zu den Prüfern gelaufen sind, immer so schnell wie möglich und wir letztendlich 27 von unendlich vielen Aufgaben gelöst hatten.

Nach dem Wettbewerb gab es erst mal in der großen Mensa der Universität Mittagessen. Das ging natürlich nur mit lautstarken Diskussionen über die Aufgaben, die ganz am Ende noch auf unserem Tisch lagen und die wir nicht mehr hatten lösen können. Unser Chauffeur und Frau Krüger waren so nett und erklärten uns ausführlich, was wir nicht herausgefunden hatten. Nach dem Essen kam dann die von allen sehnsuchtsvoll erwartete und dramatisch angekündigte Preisverleihung. Wie immer wurde mit den Teams mit den wenigsten Punkten begonnen. Alle bekamen eine Urkunde, ein Gruppenfoto, eine Tüte mit einer Taschenlampe, einem Radiergummi, einem Bleistift der Uni Passau und ein wunderschönes dunkelgrünes T-

Shirt mit dam Schriftzug

„Naboj - INTERNATIONAL  MATHEMATICAL COMPETITION“

Dann wurde unser Team angesagt, wieder mit einem sehr starken bayerischen Dialekt (den ich leider nicht kann, sonst würde ich es auch so hinschreiben):

„Und nun, ein Team von einer Schule in Leipzig, das erste Mal hier dabei. Sie hatten einen sehr langen Hinweg und der hat sich auch gelohnt. Das Wilhelm-Ostwald-Gymnasium aus Leipzig ist mit 27 Punkten auf dem 3. Platz von

Deutschland!“  (Nein, ich übertreibe nicht, das wurde wirklich so gesagt!)

Die Teams mit dem ersten und zweiten Platz hatten übrigens ebenfalls 27 Punkte, doch sie hatten insgesamt schwerere Aufgaben gelöst als wir, deshalb haben sie wohlverdient die bessere Platzierung. Gratulation noch einmal an diese beiden Teams aus München und Germering. International gesehen landeten wir auf Platz 147 von 490!

Und zurück…

Nach der Preisverleihung kam, was kommen musste: eine wunderbare, kurzweilige, spannende und sehr unterhaltsame Rückfahrt… bzw haben wir fünf Stunden fast nichts gesagt, weil wir alle so müde waren.

Um ca. 20 Uhr kamen wir in Leipzig an. Vielen Dank an Frau Krüger für die Organisation und Herrn Wolf für die Autofahrt. Wir sind an einem Tag von Leipzig nach Passau und wieder zurück knapp tausend Kilometer gefahren und haben zwischendurch noch an einem Wettbewerb teilgenommen. Zugegeben, es war anstrengend, aber ich würde es nächstes Jahr gerne noch einmal machen!

Carla Wortelkamp, 9/1